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Was kann UBUNTU für uns tun?


Ende des vergangenen Jahres dürfte ich an einem Fachtag zur kulturbewussten Pädagogik als Teilnehmerin und Referentin teilnehmen. Den Hauptvortrag hielt Frau Heidi Keller. Hier bin ich auf Ubuntu „Ich bin, weil wir sind/Ich bin, weil Ihr seid“- eine südafrikanische Philosophie der Menschlichkeit, gestoßen.



Das Wort Ubuntu kommt aus den Bantusprachen der Zulu und der Xhosa und bedeutet in etwa „Menschlichkeit“, „Nächstenliebe“ und „Gemeinsinn“ sowie die Erfahrung und das Bewusstsein, dass man selbst Teil eines Ganzen ist.


Ein kurze und, wie ich find, sehr schöne Geschichte dazu: Ein Anthropologe hat den Kindern eines afrikanischen Stammes ein Spiel angeboten. Er legte einen Korb voll mit Früchten in der Nähe eines Baumes ab und sagte: ′′ Wer den Baum zuerst erreicht, dem gehört der Obstkorb allein". Die Kinder liefen gemütlich Hand in Hand zu dem Baum, setzten sich in Ruhe hin und begannen die Früchte untereinander aufzuteilen und mit großer Freude und lautem Lachen zu essen. Der Anthropologe fragte die Kinder: "Jeder hätte den ganzen Korb für sich alleine haben können, warum seid ihr nicht gerannt." Sie blickten ihn erstaunt an und antworteten: ′′Ubuntu - wie kann einer von uns glücklich sein, wenn der andere elendig sind.“



Umso mehr ich mit dieser Philosophie beschäftige, umso öfter begegnen mir Parallelen zu meinen Themen und erkenne konkrete unterstützende Ansätze für vielfältige Bereiche des Lebens zum Beispiel: Inklusion, kulturbewusste Pädagogik in Kindergruppen und Familien, altersgemischte Gruppen, Elternarbeit, Nachhaltigkeit….


„ICH“ über das „DU“ zum „WIR“.

In Kontext der frühen Bildung ist die Entwicklung des Menschen naheliegend. Der Mensch entwickelt sich vom „ICH“ über das „DU“ zum „WIR“. Bevor aber ein Kind sich als eigenständiges Wesen versteht und sein „ICH“ entdeckt, ist er „WIR“- in Bindung und Beziehung mit seiner Familie, anderen Kindern, seiner Umwelt… Sein Selbstkonzept entwickelt der Mensch in Interaktion mit anderen, nimmt sich selbst wahr, fühlt sich selbstwirksam … in der Auseinandersetzung mit anderen. Wie natürlich und elementar ist also das „WIR“ für uns Menschen.


Für die Zukunft unserer Kinder wird es zunehmend wichtiger sein, die elementare Verbundenheit und Achtsamkeit mit unserer Mitwelt und das Bewusstsein, dass man selbst Teil eines Ganzen ist, zu erkennen und zu leben.

· Welche Bedeutung hat dies für unsere als Vorbild?

· Was wollen wir unseren Kindern mitgeben?

· Was bedeutet dies für eine zukunftsorientierte Pädagogik?


Frühpädagogik ist per se inklusive Pädagogik


„Es ist normal, verschieden zu sein“ Richard von Weizsäcker


Wir sind Menschen und da ist Verschiedenheit an sich Normalität.


Wenn wir diesen Grundsatz annehmen und in unsere tägliche Praxis inkludieren, entstehen Chancen für die Entwicklung von Lösungsansätzen für verschiedene pädagogische Themen, die Zusammenarbeit mit Eltern, Teamentwicklung und Führungskräfteentwicklung.


Inklusion

Integration und Inklusion sind Begriffe, die aus Kindereinrichtungen nicht mehr wegzudenken sind. Es geht jedoch nicht „nur“ um die Betreuung von Kindern mit Behinderung, sondern vielmehr eine veränderte Haltung in Bezug auf Diversität und eine vorurteilsfreie Pädagogik in unserem Kita-Alltag. Inklusion meint ALLE und ist Menschenrecht. Es geht darum Verschiedenheit und die sich daraus ergebende Vielfalt der Menschen als Normalität zu betrachten.


Gibt es eine Norm für das Menschsein? Dies ist nicht möglich, denn die Menschheit ist bunt. Menschen mit verschiedener kultureller Herkunft, Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung, Menschen mit unterschiedlichen Werteverständnis, verschiedenem Humor, die die das Glas immer halb voll sehen und die für die es eben eher halb leer ist… Genau betrachtet ist Normalität doch eher eine Illusion, denn wer will den festlegen, was normal ist.


Gerechtigkeit ist ein großer Antrieb für unser pädagogisches Handeln. Mit dem inklusiven Blick, wäre jedoch eine Gleichbehandlung ALLER kontraproduktiv, denn damit wird keine Chancengleichheit erreicht, eher im Gegenteil. Starre Konzepte passen nicht zur Einzigartigkeit der Kinder, ihrer Familien und auch nicht zu bunten Teams. Vielmehr muss eine optimale Lernumgebung immer wieder reflektiert und flexibel an den Bedürfnissen ALLER orientiert gestaltet werden.


Um eine gleichberechtigte Teilhabe der Menschen zu ermöglichen, benötigt es die Anpassung der Systeme (Einrichtungen) an individuelle Bedürfnisse und Voraussetzungen. Kinder, die in einem offenen Umfeld mit dementsprechenden Vorbildern aufwachsen, werden dies in ihrem Selbstverständnis verinnerlichen und dementsprechend handeln. Inklusion geht also ALLE an, ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und richtet seine Aufmerksamkeit auf Teilhabe und Partizipation.


Hier bietet UBUNTU einen schönen Ansatz „Ich bin, weil wir sind.“ Es geht bei Inklusion also auch darum, sich als Gemeinschaft zu denken, die ohne den/ die anderen nicht funktioniert.


Folgende Fragen können hier unterstützend sein:

· Was verbinden wir mit dem Begriff Inklusion?

· Wie thematisieren wir Normalität und Vielfalt?

· Wie selbstverständlich ist Inklusion für unsere Praxis?

· Wie stiften wir Gemeinsinn und leben Gemeinschaft?

· Wie schöpfen wir die Chancen von gelebter Diversität in unserer Praxis aus?

· Welche Chancen und Herausforderungen sehen wir?

· …


Viele Themen schließen sich hier an: „Kinder, die uns herausfordern“, „Altersgemischte Gruppen in der Kita“, „Offene Arbeit“, „Kulturbewusste Pädagogik“… Ein „wenig“ UBUNTU muss also immer sein 😉


„Es bestimmt uns nicht, was wir sagen oder denken, es bestimmt uns, was wir tun.“ Jane Austen



Diversität leben ist mehr als das Schild Herzlich Willkommen an der Tür, sondern eher das spürbare Herzlich Willkommen hinter der Tür.

Dazu gehört: unterschiedlichen Handlungsstrategien Raum zu geben und als Bereicherung der alltäglichen Praxis sehen, Ressourcen erkennen, statt Problem oder Defizit und pädagogische Strategien integrieren, die in verschiedenen kulturellen Modellen beheimatet sind.




Nachhaltigkeit

Natürlich finde ich auch zum Thema Nachhaltigkeit eine weitere spannende Verbindung zu UBUNTU. Wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen, geht es ja nicht „nur“ darum die ökologische und ökonomische Dimension, sondern gleichberechtigt auch um die soziale und kulturelle Dimension. Auf dieser Ebene können viel tun: „Wo kommen unsere Dinge her und wer produziert sie wo und wie?“


Um diese Dimension den Kindern näherzubringen und damit die globalen Zusammenhänge verstehen zu können, können wir direkt in unseren Kindergruppen ansetzen. Gemeinschaft erleben und etwas für die Gemeinschaft einbringen, achtsam mit den eigenen aber auch mit den Bedürfnissen der anderen sein. Kitas sind bunt und wir erleben täglich im Miteinander, wie verschieden wir sind, wie wertvoll diese Diversität ist, achtsam zu sein und Rücksicht zu nehmen und verbunden zu sein. Auf diese Erfahrungen können Kinder ihr gesamtes Leben lang zurückgreifen.



Was kann UBUNTIU – für unser Team tun?

Gerade wenn es schwierig wird, scheint es kurzfristig einfacher zu sein: Türen zu schließen, Austausch auf einen kleineren Personenkreis einzuschränken, Aufgabenstellungen allein zu lösen, den Blick nach innen zu richten…

Gerade jetzt ist es jedoch so wichtig: den Blick auf alle Teammitglieder zu lenken, die Stärke des gesamten Teams zu nutzen, Verschiedenheit als Chance zu sehen, sich auf die gemeinsamen Visionen und Ziele zu besinnen... „Ich bin, weil wir sind“ bedeutet genau dies und kann ein verbindender Leitgedanke sein.

Im Team geht darum etwas Verbindendes zu finden, gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen, Neues zu entwickeln… und das gelingt am besten, wenn wir die Diversität in unseren Teams schätzen und nutzen und uns gemeinsam verantwortlich zu fühlen.


Nachhaltig FÜHREN mit UBUNTU

Damit Team wie oben beschrieben funktionieren kann, braucht es Führungskräfte, die hierfür die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Dies kann nur mit einer modernen Art von Führung gelingen. Wo in der klassischen Führung delegiert wird und ein Anforderungsprofil für alle Mitarbeiter und Gleichbehandlung gilt, stellt moderne Führung den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt. Die Diversität der Mitarbeiter wird nicht „nur“ wertgeschätzt, sondern provoziert. So werden Teams eigenständig, offen und finden kreative, sinnstiftende Entwicklungsmöglichkeiten. Hier gilt ganz besonders „Ich bin, weil wir sind.“ Niemand kann und muss alles allein stemmen. Es braucht ein vielfältiges Team, damit tragfähige Lösungen und Entwicklung möglich sind.


Finde die Einzigartigkeit deiner Kolleg*innen und gib ihnen Raum. Begebt euch gemeinsam auf eine Entdeckungsreise. Folgende Fragen können hier unterstützend sein:

  • Wie werden die unterschiedlichen Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter genutzt (nicht nur unbedingt die die auf Papier stehen)?

  • Wie gebt ihr euch im Team auf Entdeckungsreise?

  • Wie förderst du als Führungskraft die Individualität der Mitarbeiter?

  • Ist Diversität für dich und dein Team erstrebenswert, oder sollen alle gleich sein?

  • Wie dürfen sie ihre individuellen Fähigkeiten einbringen?

Findet Ihr weitere Verbindungen? Ich freue mich auf Euer Feedback, Ideen und Impulse.

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