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Was ist eigentlich Offene Arbeit?

Aktualisiert: 28. Apr. 2021

„Was ich nicht möchte, ist offen arbeiten.“ „Da kann ich den Kindern gar nicht gerecht werden und es herrscht Chaos.“ Das sind Aussagen, die ich oft höre, wenn es darum geht, den KiTa-Alltag ein Stück weit zu öffnen. Was löst aber diese Panik vor offener Arbeit aus? Ich denke, es hat viel mit schlechten Erfahrungen und falsch verstandener offenen Arbeit zu tun. Aus diesem Grund möchte ich ein paar Grundsätze zu diesem fantastischen, partizipativen und offenen Ansatz mit Euch teilen. Für die Offene Arbeit gibt es kein „Rezept“ und „richtig oder falsch“. Jedes KiTa Team muss seinen eigenen Weg in der Zusammenarbeit finden. Es gibt jedoch ein paar Stützpfeiler, an denen Ihr Euch orientieren könnt:

  • Zunächst ist der Ansatz der offenen Arbeit aus der Praxis heraus entstanden und entwickelt sich stetig am aktuellen Bildungsverständnis weiter.

  • In der offenen Arbeit wird niemand ausgegrenzt und alle gehören dazu. Offene Arbeit setzt an der Wirklichkeit, an den Lebensumständen der Kinder und Familien an. Auf die Unterschiedlichkeit wird mit differenzierter Arbeit reagiert.

  • Handlungs- und Entscheidungsspielräume von Kindern werden fortlaufend erweitert. Dies sichert ihnen ihre Selbstbestimmungsrechte gegenüber den Erwachsenen.

  • Kommunikation und Kooperation sind in der offenen Arbeit Voraussetzung und Resultat. Das gemeinsame Nutzen aller Ressourcen- Raum, Zeit und Personal stehen im Vordergrund.

Gelingende offene Arbeit hat also stark mit einer der Kommunikations- und Fehlerkultur der pädagogischen Teams zu tun.


Sichtbare und unsichtbare Seiten

Viele denken bei der Offenen Arbeit an bestimmte widererkennbare Strukturelemente wie z.B. das Raumkonzept und offene Funktionsbereiche. Die sichtbaren Seiten der Offenen Arbeit liegen in den Organisationsstrukturen und Kooperationsformen.


Zu den sichtbaren Seiten der Offenen Arbeit gehören:

  • Grenzen öffnen und verschieben sich (z.B. Aktionsbereiche und Zuständigkeiten)

  • Gruppenstrukturen werden durchlässig und weichen offeneren Zuordnungen (Verantwortung aller Erzieher*Innen für alle Kinder, Stamm- und Bezugsgruppen)

  • Flexible Zeiten (Essen in mehreren Durchgängen, flexible Bring- und Abholzeiten). Der Tag wird nicht verplant.

  • Gesprächskreise und Kinderkonferenzen sichern die Beteiligung der Kinder. Es besteht Wahlfreiheit bei Angeboten und der Gestaltung des Alltags.

  • Gemeinsame Planung und Arbeitsteilung

Dies sind jedoch "nur" die sichtbaren Seiten. Endscheidender sind die unsichtbaren Seiten der offenen Arbeit.


Die unsichtbaren Seiten der Offenen Arbeit:

  • Offen für alle Kinder: Pädagogik wird politisch verstanden. Niemand wird ausgegrenzt. Inklusion wird lebendig gelebt. Mit Achtsamkeit und Aufmerksamkeit werden Besonderheiten beachtet und geachtet. Diversität wir als "Normalität" und Chance verstanden.

  • Offen für Neues: Sich gegenseitig spiegeln und bereichern, Denk- und Handlungsmuster überprüfen. Einlassen auf unbekannte Wege, Sichtweisen, Perspektiven, Blickwinkel... und neue Lösungen zulassen. Selbstbestimmung bei elementaren Fragen.

  • Offener Raum für Entwicklung bei Kindern und Erwachsenen: Spielräume für eigene Wege im eigenen Tempo. Die Kita ist ein Ort der Spielfreude, des Abenteuers und der Lebensfreude. Den Spuren der Kinder wird gefolgt

  • Freiwilligkeit der Beziehungen: Loslassen heißt in der Offenen Arbeit, Zutrauen in die Kompetenzen von Kindern und Kolleg*Innen zu haben. Die Fähigkeit der Kinder, abzuwägen und sich zu entscheiden, wird unterstützt. Ihr Nein wird respektiert. Der Kraft des Ja vertraut.

  • Offene Prozesse: "Nichts ist so beständig wie die Veränderung" Bob Dylan Kontinuierliche Veränderung, Flexibilität, Improvisation. Probleme werden mit Rückbezug auf den inneren Kern bearbeitet (erproben, reflektieren, verändern, erproben...)

Es ist ein Mythos, dass in der offenen Arbeit immer alle Türen, jederzeit offen sein müssen. Auf der verborgenen Seite geht es eher um die Haltung, wie die pädagogischen Fachkräfte in Interaktion und Dialog mit den Kindern treten und welche Haltung ihrer Handlung zugrunde liegt. Der Kern dieses Ansatzes sind die Entscheidungsfreiräume, Selbstbestimmung und aktive Teilhabe der Kinder an der Gestaltung des alltäglichen Lebens. Kinder übernehmen bei der Gestaltung ihrer Kita die tragende Rolle. Aus der gemeinsamen Nutzung ergibt sich die gemeinsame Verantwortung für das Ganze. Die Kinder sind die Hauptpersonen und Beobachtung ist der Ausgangspunkt aller Planung.

Daraus folgen: die Nutzung und Gestaltung des Kitageländes, die Alltagsorganisationen und Zeitplanung und die Zuständigkeiten und Zusammenarbeit im Team.


Unverplante Zeit wird in der Offenen Arbeit großzügig eingeplant. Oberste Priorität haben unverplante Zeit und die freie Wahl. Es gibt ausreichend Zeit für: die Belange der Kinder, Gespräche und spontane Unternehmungen, mitschwingen und sich einlassen, selbst gewählte Unternehmungen, freies Spiel und zu Ende machen können.

, woran sie arbeiten

Viele Elemente der Offenen Arbeit kommen Euch sicher bekannt vor. Es ist auch nicht der Anspruch der offen arbeitenden Einrichtungen ihr eigenes Rad zu erfinden, sondern sich, in der ständigen Auseinandersetzung mit neusten Erkenntnissen und der Reflektion der Praxis, weiterzuentwickeln. Man könnte die Offene Arbeit, ähnlich wie die Reggio-Pädagogik (die auch offen arbeitet), als ewige Baustelle bezeichnen.


Konzeptionsbaustelle Offene Arbeit

Wie jedes stabile Haus, muss auch die Offene Arbeit auf einem tragfähigen Fundament gebaut werden. Mit den folgenden Fragen könnt ihr eure eigene Einrichtung mit Blick auf die Offene Arbeit hinterfragen.


Fundament der Offene Arbeit: Worauf berufen wir uns? Auf welchen gesetzlichen Grundlagen und Überzeugungen gründen unsere Sicherheit?


Die Säulen auf denen das offene Konzept steht:

Kooperation im Team: Wie verständigt ihr euch? Wie trefft ihr Verabredungen, Vereinbarungen? Wie ist die Feedbackkultur im Haus? Spiegelt ihr euch? Könnt ihr gut streiten? Nutzt ihr alle Ressourcen? Wie sichern wir die gemeinsame Verantwortung?

Beobachtung und Beachtung: Wie fühlt ihr euch in das Erleben der Kinder ein und versucht es zu verstehen? Welche Resonanz bietet ihr? Wie sichern wir das Wohlbefinden jedes Kindes?

Rechte von Kindern, Respekt vor Kindern: Wie wird bei euch Partizipation gelebt? Wer bestimmt was und warum? Wie sichert ihr die Grenzen von Kindern?

Flexible Organisation: Wie verändert ihr Sachzwänge? Wie sehr differenziert ihr? Ermöglichen Dynamik, Spontanität die Durchlässigkeit von Grenzen? Ist genug Zeit für unverplante Zeit und eine offene Planung eingeplant?

Zusammenarbeit mit Eltern: Was tut ihr, um das Vertrauen der Eltern zu gewinnen? Wie ist eure professionelle Haltung Eltern gegenüber spürbar? Habt ihr Interesse an Austausch und Dialog?


Das Dach der Offenen Arbeit: Hier geht es um die Orientierung: Was leitet uns? und um die Richtung und Ziele der Arbeit: Wohin wollen wir? In der Qualitätsentwicklung spricht man hier von dem Leitgedanken, der Vision und dem Sinn.


Prüfsteine

Mit den folgenden Prüfsteinen/Fragen, könnt ihr eurer Konzept in Hinblick auf offenes Arbeiten überprüfen:

  • Das ungestörte Spiel wird geschützt und gesichert.

  • Kinder entscheiden selbst was sie z.B. essen und/oder probieren möchten.

  • Kein Kind wird zum Liegen gezwungen oder am Schlafen gehindert.

  • Die Zeit der Kinder wird nicht verplant.

  • Der Tag richtet sich nach dem Vorhaben und Bedürfnissen der Kinder aus.

  • Kinder entscheiden über Freundschaften und Spielpartner.

  • Kinder haben die Wahl zwischen drinnen und draußen.

  • Die Organisation orientiert sich an den Bedürfnissen der Kinder.

  • Kinder können zu jeder Art von Angeboten Nein sagen.


Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Überblick über das Konzept der Offenen Arbeit geben. Wenn du oder dein Team weitere Fragen habt oder Unterstützung benötigt, freue ich mich über eine Nachricht von euch.






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