Ich bin ein großer Freund der Werkstattpädagogik. Damit verbinde ich Bildungsräume für Kinder, die zum alltagsorientierten und selbsttätigen Handeln einladen, ermutigen und inspirieren. Das sind Spielbereiche und Funktionsräume, die echten Werkstätten, nicht nur nachempfunden werden, sondern in ihrer Funktion eindeutig sind und mit funktionellen Materialien ausgestattet sind. Hier wird Kindern, aber auch Erwachsenen, das selbstständige Werkeln, Experimentieren und damit lebenspraktisches Lernen ermöglicht. Jeder Funktionsbereich bietet verschiedene Möglichkeiten etwas über unsere Welt, über sich selbst aber auch über soziales Miteinander zu erfahren.
Eine einfache Umsetzungsmöglichkeit für eine solche Funktions- oder Werkstattecke ist das Einrichten eines Kinderbüros. Dieser Bereich kann zur Ergänzung des Rollenspielraums, der Bibliothek, zur Dokumentation der Ergebnisse der Kinderkonferenz, der Portfolioarbeit gestaltet werden. Beobachtet einmal eure Kinder, wo sie Möglichkeiten zum Aufzeichnen, Dokumentieren usw. benötigen. Ein Kinderbüro kann jedoch auch für sich alleinstehen und multifunktional benutzt werden.
Ein wertvoller erster Schritt auf dem Weg zum Einrichten eines Kinderbüros ist die Beobachtung. Wenn ihr schon ein Kinderbüro eingerichtet habt, beobachtet einmal eure Kinder:
Wie und wofür wird das Büro genutzt?
Wie ist der Umgang mit den Materialien?
Kommen die Kinder ins Spiel, oder ist der Bereich nur für kurze Zeit interessant?
Welche Materialien fehlen, welche sind vielleicht aber auch zu viel?
Sind die Materialien gebrauchtfähig und funktional?
Dieser Prozess kann nur mit der aktiven Beteiligung der Kinder gelingen:
Befragt eure Kinder, wie ihnen ihr Kinderbüro gefällt:
Was möchten sie hier tun? Was benötigen sie noch? Oder, wenn Sie noch kein Kinderbüro haben, ob und wenn ja, wie soll es eingerichtet werden? Wo wäre ein guter Platz dafür?
Besprecht mit den Kindern, was man in einem Büro alles tun kann.
Vielleicht es ist nötig, den Erfahrungsschatz der Kinder zu erweitern, in dem ihr mit ihnen gezielt Büros besucht und eine Ideenliste erstellt. Hierzu kann das Büro der Kitaleitung oder der Arbeitsplatz für Erzieher*innen in der Kita genutzt werden. Ihr könnt aber auch die Kinder bitten, sich einmal zu Hause oder wenn sie unterwegs sind, umzuschauen und Ideen mit in die Kita zu bringen. Oder ihr besucht mit ihnen
andere Büros z.B. in Nachbareinrichtungen, Firmen in der Umgebung oder besuchen Eltern auf ihrem Arbeitsplatz. Diese Ideenliste kann öffentlich präsentiert werden und dann gemeinsam mit den Kindern besprochen und zur Entscheidungsfindung für die Einrichtung des eigenen Kinderbüros genutzt werden.
Nehmt dann einen Perspektivwechsel vor und überlegt aus Kinderperspektive, was Kinder in diesem Bereich wirklich benötigen:
Wofür würde ich diesen Bereich benutzen und was brauche ich dafür?
Weiß ich, was ich hier tun kann, und komme ich an alle Materialien?
Lädt mich dieser Bereich zum Tätigsein und Verweilen ein?
Fühle ich mich hier wohl, so dass ich mich gerne hier aufhalte?
Inspiriert mich dieser Ort zum Weiterforschen und Experimentieren?
Schaut euch einmal bewusst euer Büro oder Arbeitsplatz an. Wie ist dieser eingerichtet und was davon und wie möchtet ihr den Kindern zur Verfügung stellen?
Schrift und Sprache sind im Kinderbüro DIE Aufgabenfelder. Wie könnt ihr diesen Bereich in eurem Kinderbüro sichtbar und erfahrbar werden lassen?
Beschriftet alle Möbel und Einrichtungsgegenstände z.B. mit Etiketten in Druck- und Schreibschrift (Groß- und Kleinschreibung beachten).
Gestaltet das Büro mit anregenden Postern, Bildern, Postkarten u.v.m. die das Thema Schrift, Sprache und Literatur darstellen.
Stellt verschiedene Schriftbilder und andere Sprachen (z.B. die Sprachen der Familien aus den die Kinder kommen) mit Schriftproben o.Ä. dar. Hierbei können die Eltern unterstützen.
Stellt Kindern Nachschlagewerke, Wörterbücher etc. zur Verfügung.
Bietet Materialien an, mit den die Kinder mit Buchstaben und Zahlen experimentieren können (z.B. Buchstaben und Zahlen aus Sandpapier, Holz, Filz, Legespiele, Taschenrechner…).
Schafft Möglichkeiten selbsttätig mit Schrift zu experimentieren. Dazu benötigt ihr eine Vielzahl an Ausdruckmöglichkeiten z.B. mit einer Auswahl an verschiedenen Stiften und Papierformaten, Tafeln, Legetafeln- Tabletts u.v.m.
Stellt Verbindungen zu anderen Erfahrungsbereichen wie z.B.:
der Literatur (Bibliothek) mit einer wechselnden Buchauswahl und dem Angebot von Zeitungen und Zeitschriften (evtl. abonniert eine Tageszeitschrift für Kinder). Geschichten und Reime selbst schreiben und veröffentlichen.
dem Bereich der Medienpädagogik mit einem Angebot von Tastaturen und der Möglichkeit selbstständig zu recherchieren mit einem Zugang zu PCs, Tablets oder der Bibliothek, Selbstgestalten von Geschichten und Filmen oder aktuellen News für die Kitazeitung.
dem Atelier zum Gestalten und Vorstellen von Bühnenbildern,
Geschichtentabletts, Geschichtensäckchen (Nähwerkstatt), Gestalten von Einladungskarten.
der Küche und dem Bereich der gesunden Ernährung beim Gestalten von Speiseplänen, Lebensmittel- Pyramiden, Lieblingsrezepten, Einkaufslisten…
dem Phänomen der Zeit, Naturwissenschaften und Mathematik durch verschiedene Uhren, Kalender, Lineare, Geodreiecken o.Ä.
der Dokumentation aber auch zu Orientierung in der Kita mit dem selber schreiben von Hinweisschildern etc.
Hier noch einige grundlegende Ideen zum Einrichten Ihres Kinderbüros:
achtet darauf, dass die Kinder in einer guten Position sitzen können und bieten ggf. höhenverstellbare Hocker an.
Stellt sicher, dass die Kinder ungestört arbeiten können, z.B. mit Blick zu einer Wand oder durch einen Raumteiler beruhigt. Oder richtet das Kinderbüro in direkter Nachbarschaft zu Ihren Arbeitsplätzen ein. So können auch Materialien ggf. gemeinsam und unter „Aufsicht“ benutzen wie z.B. Tacker, Locher, Laminiergerät…S
Sorgt für eine gute Beleuchtung z.B. durch eine Schreibtischlampe
Bietet vielfältige Präsentationsflächen z.B. mit Kreide-/Magnettafeln, Mal- und Pinnwänden, Klemmbretter o.Ä. an.
Schafft eine Übersicht der vorhandenen Materialien durch offene Regale und transparente oder eindeutig beschriftete Boxen.
Bietet verschiedene Papierformate aber auch Hefte, Kalender, beschreibbare Schreibtischunterlagen etc. an.
Bietet vielfältige Stifte, aber auch einmal ungewohnte Schreibutensilien wie z.B. Tinte und Feder an.
Natürlich sind das nur Anregungen und Ideen. Ich bin mir sicher, dass ihr viele weitere Ideen, die zu eurer Einrichtung, dem Konzept und dem Platzangebot passt, habt. Ich freue mich auf euer Feedback und Ideen.
Los geht`s! Viel Spaß im Kinderbüro
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